Ein unvergessliches Erlebnis: Life of Pi Screening in Berlin mit Ang Lee & Ilja Richter

mädchen hört musik im bus

Der 28. November 2012 wird so schnell nicht in Vergessenheit geraten, denn dieser Tag war einer der schönsten Kinoerlebnisse meines Lebens. Man bekommt nicht oft die Gelegenheit, einen Film vor allen anderen Kinogängern, genauer gesagt einen Monat vorher, in einer exklusiven Vorpremiere sehen zu dürfen und als Krönung des Ganzen auch noch die Anwesenheit des Regisseurs genießen zu können. Bereits am Abend vor unserer Fahrt nach Berlin zur Filmpremiere von „Life of Pi“ war ich unheimlich kribbelig und nervös.

Einladung zum Life of Pi Event mit Regisseur Ang Lee © Copyright der Grafik liegt bei Twentieth Century Fox Film

Ich wuselte durch die Wohnung, suchte „weibliche Kosmetikprodukte“ zusammen – wie mein Mann das so treffend auszudrücken weiß, wenn ich den halben Haushalt in zwei kleine Koffer zu stopfen versuche. Aber wer weiß, was man nicht alles brauchen könnte? Notfall-Ersatzschuhe, noch ein zweites Outfit, falls man auf das erste dann doch keine Lust mehr hat. Ja, das sind so weibliche Sorgen… *lach* schlussendlich hätte ich mir den Rummel wohl sparen können, denn als wir uns vor Ort in die Menge der geladenen Gäste, darunter auch bekannte prominente Gesichter wie Dorkas Kiefer und Wim Wenders – letzterer saß übrigens zwei Sitze weiter rechts neben uns -, stürzten, sah ich auffallend viele Jeansträger und lässig gekleidete Gäste. Lag das nun daran, dass man irgendwann so prominent ist, dass man auch bei so einer Filmpremiere legère auftreten kann oder weil man es mittlerweile für eine Selbstverständlichkeit hielt, zu solchen Veranstaltungen eingeladen zu werden? Mir war es gleichgültig, denn es tat mal wieder richtig gut, sich herauszuputzen und unters Volk zu mischen.

 

Gegen Mittag des ereignisreichen Tages fuhren wir also bepackt mit allem was man so braucht und nicht braucht, aber doch mitschleppen muss *zwinker* Richtung Hauptstadt. Die Kinder wurden schon zwei Wochen vorher bei Schwiegermama angemeldet und mein kleiner Sohn verabschiedete sich einem Kuss von Papa & Mama – Premiere: Kind gibt Mama Küsschen, ach so süß, zum Dahinschmelzen. Ich schweife ab 🙂 im Hotel angekommen, schnell ins Zimmer geflitzt, umgezogen und direkt weiter zum Screening. Der Einlass begann um 18:30 Uhr, wir kamen erstmal genüsslich eine halbe Stunde zu spät am Potsdamer Platz an, nachdem wir mühsam durch den Feierabendverkehr Berlins vorwärts gekrochen waren. Die Prominenz war zu diesem Zeitpunkt bereits über den roten Teppich flaniert. Der Eindruck des hell erleuchteten Sonycenters in der Dunkelheit war wirklich beeindruckend. Eine blaue Lichtkonstruktion in Form eines Weihnachtsbaumes befand sich inmitten des Innenhofs, überall waren die Filmplakate von „Life of Pi“ zu sehen, Fotografen und Fans standen an der Absperrung am roten Teppich. Ich habe vergessen, vor lauter Bewunderung Fotos davon zu machen, verzeiht mir 🙂 daher habe ich mir ein Bild von JulesFoto auf Flickr ausgeborgt, um euch ein wenig die Atmosphäre dort an diesem Abend zeigen zu können.

Wie, wir dürfen über den roten Teppich laufen?

Mein Mann und ich sahen uns an.. „Wo müssen wir denn nun lang?“ woraufhin uns einer der Einlasser erklärte, dass wir uns am Gästestand anmelden sollen und dann wieder mit einem schicken gelben Papierbändchen bedruckt mit „Life of Pi“ bei ihm einfinden sollten. Ich hielt nach Nymphe & TonySu, meinen beiden Mitgewinnern Ausschau, aber ich konnte sie nicht entdecken. Ja, wir durften tatsächlich über den roten Teppich ins Innere des Kinos laufen, wow. Ich dachte ja ehrlich gesagt, dass wir durch einen Seiteneingang eintreten würden, aber nein.. mittendurch ins Getümmel. Komisch, die Fotografen knipsten gar nicht wild drauf los? Also wirklich, ich muss schon sagen…. *lach* nein ernsthaft, das war schon etwas Besonderes irgendwie, erlebt man ja nun auch nicht jeden Tag. Das hatte so ein gewisses „Einmal wie…“-Gefühl, als wir schick angezogen über das rote Stück Stoff unter unseren Füßen liefen. Im Inneren des Cinestar hingen ebenfalls alle zwei Meter „Life of Pi“-Plakate, als könnten wir vergessen, was wir heute Abend für einen Film sehen würden. Elin & ihr Mann, mein Mann und ich haben uns darüber dann später noch den einen oder anderen Scherz erlaubt…

„Was haben wir da nochmal geguckt?“ „Ach, irgendetwas mit einem Löwen glaube ich…“ „Ich weiß auch nicht mehr, ist mir entfallen!“ *schmunzel*

Wir zwei Bücherwürmer samt Ehemännern verstanden uns prima und hatten alle wirklich tollen Abend. Das erste Mal sahen wir uns, als wir zu unseren reservierten Plätzen gingen. Vor dem Saal 8 des Cinestar wurde ein Sektempfang mit Häppchen gegeben, welchen wir am Rande noch mitbekamen, aber da wir ohnehin mit dem Auto gekommen waren, spielte das nun keine große Rolle. Im Saal also plauderten Nymphe und ich gleich fröhlich drauflos, unsere Männer verstanden sich ebenfalls bestens und schmunzelten darüber, ob wohl Werbung gezeigt werden würde – um diese Frage zu beantworten: werbefreier Abend! Drei Plätze rechts von uns hatte Wim Wenders seinen Platz eingenommen, während Dorkas Kiefer samt Ehemann einfach mal so spontan vorbeigekommen war und in eine der vorderen Reihen gesetzt wurde. Na, wer denn da nicht reserviert? 🙂 Nachdem dann nun endlich alle ihre Plätze gefunden hatten, betrat Ilja Richter zusammen mit einem Moderator die Bühne und begrüßte uns mit humorvollen Worten. Herr Richter hat ja auch am Freitag, den 30. November bei lovelybooks.de beim Fragefreitag unsere Fragen zur Synchronisation des Films beantwortet, ich habe ihn gleich mal gefragt, ob er, der ja den kleinen Timon aus „König der Löwen“ seine Stimme lieh, Mitleid für die vielen armen Erdmännchen in „Life of Pi“ hatte *lach* ach es war so toll! 🙂 Herr Richter erklärte dann auch, dass wir den Film in englischer Originalsprache mit deutschen Untertiteln sehen werden, was mit Sicherheit damit zusammenhing, dass viele englischsprachige Gäste, darunter auch die indische Botschafterin zugegen waren. Die deutschen Untertitel wären eigentlich nicht nötig gewesen, nur ab und zu war es dann doch ganz gut, die deutsche Übersetzung lesen zu können, denn der Schauspieler welcher Pi(scine) Molitor Patel verkörperte, sprach mit indischem Akzent und war zwischendurch nicht so gut zu verstehen. Es war eine sehr schöne Erfahrung, den Film in seiner Originalfassung sehen zu können, das war für mich auch eine Premiere, jedenfalls im Kino.

Die Stars des Abends

Nach einer kurzen Einführung über die Zusammenarbeit von 20th Century Fox mit Ang Lee, die bereits vor neun Jahren begann und dieses Jahr nun zur krönenden Vollendung gebracht wurde, betrat der Mann des Abends die Bühne: Ang Lee, Regisseur des Filmes und eine sehr sympathische, freundliche Persönlichkeit. Er sprach über seine Drehzeit zusammen mit dem kanadischen Schriftsteller Yann Martel, nach dessen Buch der preisgekrönte Taiwanese „Life of Pi“ in bewegten Bildern umsetzte. Leider habe ich es nicht geschafft, das Buch – welches im Fischerverlag nun auch geschmückt mit dem prächtigen Motiv des Kinoplakats in einer neuen Auflage erschien -, bis zum Abend der Filmpremiere fertig zu lesen. Ang Lee dort unten, etwa 10 Meter von uns entfernt stehen zu sehen und ihm zuhören zu können, was er über seinen Film, seine Erlebnisse und seine innige Verbundenheit mit der Botschaft des Films zu berichten hatte, war ein einmaliges und unvergessliches Erlebnis für uns vier. Er bedankte sich bei allen, die bei diesem Film mitwirkten, ihn lebten und zu farbenprächtigen dreidimensionalen Bildern werden ließen. Nach seiner kleinen Rede öffnete sich schließlich der rote Vorhang vor der Leinwand und wir genossen zwei Stunden lang einen wirklich sehr bewegenden, gefühlvollen, aber auch humorvollen Film. Die ersten Szenen bis zum Aufbruch Pi’s und seiner Familie Richtung Kanada erkannte ich noch anhand des Buches wieder, danach begann die Reise ins Unbekannte. Als die letzten Namen des Abspanns über die Leinwand flimmerten, klatschte das Publikum begeistert, denn was wir zu sehen bekamen, war ein wirklich wunderbarer Film, den ich euch wirklich empfehlen kann. Wie sagte Ilja Richter zu Beginn der Premiere:

„Wer nicht religiös ist, der wird sich nach diesem Film selbst finden.“

„Life of Pi“ transportiert eine bewegende eindrucksvoll visualisierte Botschaft mit sich, ich werde darüber aber nun nicht so viel verraten, denn ich würde sowohl diejenigen, die Yann Martels Buch „Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger“ vor dem offiziellen Kinostart am 26. Dezember lesen möchten als auch die, welche direkt den Gang ins Kino wählen, spoilern. Alle, die nun ein furioses technisches Effektspektakel erwarten, werden ihre Erwartungen evtl. ein klein wenig drosseln müssen, denn der Film lebt nicht allein von dreidimensionalen Effekten, sondern von farbenprächtigen Bildern, die tief in die Geschichte hineinziehen, wie ein unwiderstehlicher Sog. Ang Lee verstand es, die Vielfalt der Natur, welche Yann Martel in seinem Buch in die Handlung einflocht, in seiner ganzen majestätischen Schönheit auf die Leinwand zu bannen. Eine Farbexplosion für die Sinne, ein Meisterwerk aus tiefster Seele, ein Erlebnis zwischen Mensch und einem bengalischen Tiger, königlich für sich allein, das sich einprägt und berührt. Ilja Richter wusste dies mit treffenden Worten zu beschreiben, als er sich etwa so ausdrückte:

„Danke für einen Film, in welchem die Tiere nicht sprechen können!“

 

After the Show: Erstmal sacken lassen..

Ich bin wie berauscht aus dem Saal gegangen und kann euch den Film wirklich ans Herz legen, auch ohne das Buch gelesen zu haben, was natürlich empfehlenswert wäre, da es ein sehr schönes Buch ist. Wir vier sind nach dem Kinobesuch ins Hotel gefahren und haben noch bis nachts um zwei in der Bar gesessen, Mai Tai’s und Kir Royal getrunken und geplaudert. Worüber? Na über Bücher, was sonst *lacht* achja, die Männer haben ebenfalls ein gemeinsames Gesprächsthema gefunden, Film & Kino. Ach, schön war’s! Dabei entstand dann auch das Foto von Elin und mir 🙂

Nach dem gemeinsamen Frühstück morgens mussten die beiden Flensburger ihren Zug nach Hause erwischen, während mein Mann und ich uns erst gegen Mittag auf den Weg zurück nach Cottbus machten, nicht ohne vorher ein ausgiebiges, gemütliches ruhiges Frühstück mit Kaffee, Säften, frischen Früchten, Brötchen & einer Marmeladenauswahl wie im heimischen Kühlschrank zu genießen. Das Hotel war sehr gemütlich, es gab sogar ein Bücherregal in Form einer lebensgroßen Lampe, unter deren Schirm sich uralte Bücher im Regal tummelten.

Vielen, vielen Dank an Karla ♥ von lovelybooks.de, an 20th Century Fox Film, das Penta Hotel in Berlin Köpenick, den Fischer Verlagen und der Stiftung Lesen für dieses einmalige und tolle Erlebnis, danke an Frau Maul für die reibungslose Buchung und tatkräftige Unterstützung, es war ein unvergessliches Erlebnis für uns alle und wird lange im Gedächtnis bleiben!

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